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Warum sind Männer wie sie sind? Von Evolution bis Emanzipation

Kapitel 1 von Männer verstehen für Dummies ist ein Grundlagenkapitel. Hier wird auf die männliche und weibliche Rolle in unserer Gesellschaft eingegangen, aufgezeigt, ob eher die Anlage (die Gene) oder die Umwelt (die Sozialisation) verantwortlich für Unterschiede zwischen den Geschlechtern ist und warum es für Männer so schwer ist, aus ihrer Rolle zu schlüpfen.

Unter anderem erfährst du in diesem Kapitel mehr zu diesen Themen:

  • Männeridentität: Die veränderte Rolle der Männer in der Gesellschaft
  • Herausforderungen für Männer im 21. Jahrhundert
  • Mann sein: Bevorzugung oder Benachteiligung?
  • Geschlechtsunterschiede: Anlage (Gene) versus Umwelt (Sozialisation)
  • Männer als das extreme Geschlecht

In diesem Auszug des Buches blicken wir auf die Frage: Entstehen Geschlechtsunterschiede durch Anlage (Gene) oder Umwelt (Sozialisation)?

Anlage oder Umwelt? Ursache der Geschlechtsunterschiede

Skelett Bein

Männer und Frauen unterscheiden sich. Doch warum ist das so? Sind unsere Gene verantwortlich für Unterschiede zwischen den Geschlechtern, sind diese folglich angeboren? Oder ist die männliche oder weibliche Geschlechtsidentität durch soziale Prozesse erlernt? Die Diskussion, ob bestimmte Eigenschaften, Verhaltensweisen und Fähigkeiten anlagebedingt oder kulturgenetisch entstanden sind, wird schon lange geführt und kontrovers diskutiert.
Dabei gibt es, vereinfacht gesagt, zwei Betrachtungsweisen:

1) »Anlage« – die Unterschiede sind angeboren

Die Befürworter dieses Ansatzes sehen die evolutionäre Entwicklung der Menschen als Ursache für Geschlechtsunterschiede. Sie sind davon überzeugt, dass sich beide Geschlechter aufgrund des Evolutionsdrucks unterschiedlich entwickeln mussten: Der Mann ging auf der Jagd, während die Frau das Feuer und die Kinder hütete. Diese Arbeitsaufteilung erhöhte die Überlebenswahrscheinlichkeit aller. Solche Anpassungen und Erfahrungen führten zu einer Verankerung im genetischen Programm beider Geschlechter. Danach wäre es schwer vorstellbar, dass beispielsweise kleinen Jungen die Vorliebe fürs Traktorfahren oder Baustellenbeobachten nur anerzogen wurde.

2) »Umwelt« – die Unterschiede sind vor- und nachgeburtlich erlernt

Die Vertreter dieser Theorie sind der Meinung, dass die meisten Unterschiede zwischen Mann und Frau konstruiert sind – es folglich eigentlich keine Unterschiede in Verhalten und Fähigkeiten gibt. Die Geschlechtsdifferenzen bilden sich erst durch Sozialisation und Erfahrungen heraus. Vorbilder oder Stereotype sind dafür verantwortlich, dass beispielsweise viel mehr Jungen als Mädchen Traktor fahren oder Baustellen beobachten möchten.

Geschlechtsunterschiede: Sprache bis Konkurrenzkampf

Eine kleine Auswahl von Studien, in denen Unterschiede zwischen Männern und Frauen festgestellt wurden – ohne auf dahinterliegende Gründe einzugehen:

  • Sprache: Robert Plomin, amerikanischer Psychologe, hat 3.000 zweieiige Zwillinge über Jahre begleitet und unter anderem deren Wortschatz beobachtet. Verglichen wurde dabei Jungen und Mädchen, die in derselben Familie aufwuchsen. Bereits im Alter von zwei Jahren war der von Mädchen größer.
  • Berufswahl: Richard Lippa, Psychologieprofessor an der California State University, befragte in über 50 Ländern 200.000 Menschen nach ihren Traumberufen. Männer nannten häufiger Berufe wie Ingenieur und Frauen soziale Tätigkeiten. In so unterschiedlichen Ländern wie den USA, Norwegen oder Saudi-Arabien ähnelten sich die Ergebnisse erstaunlich. Laut Lippa müsste sich die Berufswahl – wenn ein starker kultureller Einfluss vorhanden wäre – in den Ländern stärker unterscheiden.
  • Zusammenhalt: An der Universität Durham führte Anne Campbell ein Experiment durch: Den Teilnehmern wurden mitgeteilt, dass sie in dem Test schmerzhafte Elektroschocks erdulden müssten, sie bis zur Durchführung jedoch einige Minuten warten müssten. Frauen warteten gemeinsam in Gruppen, Männer warteten lieber allein.
  • Konkurrenzkampf: Mehrere Studien weisen darauf hin, dass ein Wettbewerbscharakter unterschiedlichen Einfluss auf die Leistung von Jungen und Mädchen hat: Bei Mädchen führten solche Situationen weitaus häufiger zu Leistungsminderungen – Jungen stellten sich dem Konkurrenzkampf und nahmen meist jede noch so unwahrscheinliche Möglichkeit wahr, Punkte zu sammeln, Bälle zu fangen und so weiter. Sie schufen damit öfter die Möglichkeit zu gewinnen.
  • Durchsetzung: In einer Studie mit Kindern gab es ein Guckloch, durch das ein Film angesehen werden konnte – jedoch war dieses nur so groß, dass maximal ein Kind hineinsehen konnte. Jungen und Mädchen wurden getrennt untersucht. Jungen schubsen die anderen eher weg, nutzen folglich eine körperliche Strategie oder Überlegenheit. Mädchen nutzten eher eine verbale Strategie: Sie versuchten zu verhandeln und andere davon zu überzeugen, warum gerade sie den Film sehen sollten.

Es ist nahezu unmöglich, mit absoluter Sicherheit nachzuweisen, ob die Anlage oder die Umwelt für bestimmte Geschlechtsunterschiede – wie Fähigkeiten, Verhaltensweisen oder Interesse – verantwortlich ist.

Die eine Studie weist zu einer Fragestellung auf anlagebedingte Ursachen hin, eine andere findet zur gleichen Frage Hinweise auf umweltbedingte Gründe.

Es wird sicherlich an beiden Einflüssen liegen, die ineinandergreifen und gemeinsam bestimmen, welche Geschlechtsidentität sich entwickelt, wie sich Männer und Frauen verhalten, denken, fühlen und welche Fähigkeiten sie haben und entwickeln.

Über die Geschlechtsidentität hinaus besitzt jeder Mensch eine Individualität, die ihn durchs Leben führt. Diese individuelle Persönlichkeit ist nicht nur Resultat aus Anlage und Umwelt, sondern etwas Eigenständiges …

Das 1. Kapitel von Männer verstehen für Dummies: Inhaltsverzeichnis

  • Das Image der »Marke Mann«
  • Männliche Identität: Die veränderte Rolle der Männer in der Gesellschaft
    • Der Einfluss der Emanzipation auf Männer
    • Anforderungen und Erwartungen an Männer im 21. Jahrhundert
    • Männer: Gewinner oder Verlierer? Im Vorteil oder Nachteil?
  • Anlage und Umwelt: Ursache der Geschlechtsunterschiede
    • »Die Anlage ist verantwortlich für Geschlechtsunterschiede«
    • »Die Umwelt ist verantwortlich für Geschlechtsunterschiede«

Wieland Stolzenburg

Wieland Stolzenburg ist Beziehungspsychologe und Bestseller-Autor aus München. Er hat Psychologie an der LMU München studiert und verschiedene therapeutische Ausbildungen abgeschlossen. Er unterstützt Menschen dabei, erfüllende Beziehungen zu führen, Bindungs- und Verlustängste zu überwinden und Trennungen zu verarbeiten. Wieland ist häufiger Interview-Gast in ARD, ZDF, Stern oder FOCUS Online. > Mehr über Wieland

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