Im Kapitel 2 von Männer verstehen für Dummies dreht sich alles um Gefühle und Emotionen – in Bezug zu Männern. Für mich ist es das wichtigste Grundlagenkapitel, da der häufig verschlossene Gefühlszugang Auswirkungen auf alle anderen Lebensbereich hat – insbesondere auf Beziehungen. Unter anderem erfährst du in diesem Kapitel mehr zu diesen Themen:
- Warum Männer einen anderen Zugang zu ihren Gefühlen haben als Frauen
- Der Einfluss von Erziehung, Vorbildern und Vätern
- Männlichkeit durch Ablehnung des Weiblichen?
- Männer und Anerkennung
- Angst, Scham und Trauer
- Mit vielen Tipps für den Umgang mit Männern in Bezug auf Gefühle
In diesem Beitrag findest du einen Ausschnitt aus dem Buch. Wir wenden uns dem Thema Vorbilder in Bezug auf Gefühle zu: Warum haben Männer häufig ein viel schlechteren Zugang zu ihrer Gefühlswelt? Und was hat das mit Vorbildern zu tun?
Männer & Gefühle verstehen: Die männliche Gefühlswelt
Hast du Lust auf ein kleines Gedankenexperiment? Stell dir vor, du bist ein kleines Mädchen und wächst in folgender Welt auf:
Papa ist deine wichtigste Bezugsperson, die immer für dich da ist: Er füttert und wickelt dich, später spielt er mit dir oder hilft dir bei den Hausaufgaben. Im Kindergarten sind nur Kindergärtner und diese toben ausgiebig mit den Jungs. Du hast oft das Gefühl, dass die Kindergärtner dich nicht verstehen und deine Bedürfnisse nur halbwegs berücksichtigen. Auch in der Schule – vor allem in der Grundschule – gibt es fast nur Lehrer. Zum krönenden Abschluss ist Mama kaum zu Hause, sie arbeitet ja nur, und sonst hast du auch nur selten Kontakt zu Frauen. Papa trifft sich ja selbst nur mit anderen Vätern …
Wie fühlt sich eine solche Welt für dich an? Einseitig, oder? Wenn du diesen kleinen Gedankenausflug nun umdrehst, wird deutlich, wie die Welt für viele Jungen tatsächlich ist: extrem weiblich. Das meine ich ganz ohne Wertung. Es gibt wenige männliche Bezugspersonen und wenige männliche Vorbilder:
- Zu Hause ist Mama: eine Frau. Sie stillt, wäscht, füttert, spielt, versorgt, tröstet oder bringt ins Bett.
- Unterwegs: Frauen. In der Stillgruppe, beim Malunterricht oder der Mutter-Kind-Gruppe sind fast alle Erwachsenen ebenfalls weiblich.
- In der Krippe und im Kindergarten: Frauen. Die absolute Mehrheit der Erzieher ist weiblich und damit automatisch die Welt, die geschaffen wird, beispielsweise Malen statt Raufen, Kooperation statt Wettkampf, Spielen statt Toben.
- In der Schule: Frauen. Ein Großteil der Lehrkräfte sind ebenfalls weiblich, laut dem Statistischen Bundesamt sind es rund 72 Prozent. In Grundschulen liegt der Anteil noch wesentlich höher.
Väter als Vorbild für den Gefühlsumgang
Hunderttausende Jahre arbeiteten Männer und Frauen Seite an Seite – bis zur industriellen Revolution. Immer mehr Männer wanderten in die Fabriken und plötzlich waren die Frauen fast ausschließlich für die Erziehung der Kinder da. Bis dahin erlebten die Söhne ihre Väter, Onkel oder Großväter fast den gesamten Tag – beispielsweise im und um den Hof. Doch dann wurde der Entwicklungsprozess der Jungen kaum noch von älteren Männern begleitet.
Auch wenn heutige Väter glücklicherweise weitaus mehr in die Erziehung eingebunden sind als noch vor vierzig Jahren, hat die Mehrheit der heutigen erwachsenen Männern selber noch eine andere Vätergeneration erlebt. Selbst heute noch, trotz gesellschaftlichen Wandels, sind viele der folgenden Punkte noch sicht- und spürbar. Da das gleichgeschlechtliche Vorbild eine wesentliche Rolle für die Identifikation mit dem eigenen Geschlecht spielt, beziehe ich mich im Folgenden auf die Vater-Sohn-Beziehung.
Männer Gefühle verstehen: »Männer zeigen eben ihre Gefühle nicht …«
Denn Vater, Papa, Vati, Papi, Dad, Paps oder Daddy …
- war emotional oft nicht anwesend. Söhne hatten somit ein gleichgeschlechtliches Vorbild, das zwar körperlich da war, jedoch emotional oft nicht greifbar. Da liegt der Gedanke nicht fern: »Wenn Papa mit seinen Gedanken und Gefühlen ständig weit weg ist oder bloß vor dem Fernseher sitzt, dann ist das wohl so bei Männern.«
- zeigte nur bestimmte Emotionen. Söhne hatten oftmals ein Vorbild, das nur eine bestimmte emotionale Bandbreite nach außen zeigte. Auf unbewusster Ebene passiert dann Folgendes: »Wenn Papa nie weint oder immer stark und kontrolliert ist, dann gehört das wohl zum männlichen Verhalten. Dann mache ich das auch so.«
- hatte wenig Zeit für die Familie und Kinder. Söhne hatten somit das Vorbild: Es ist normal, dass der Mann arbeitet und die Frau für Haushalt und Familie da ist.
Jungen erleben damit nur einen Ausschnitt der Männerwelt in der eigenen Familie. Das, was an verborgenen Emotionen bei Vätern vorhanden ist, bleibt eben verborgen.
Es wäre für eine breite und gesunde emotionale Entwicklung von Jungen wichtig, Väter und andere Männer mit der gesamten Bandbreite ihrer Gefühle zu erleben – eben auch der weichen und schwachen. Als Vorbild, dass das ebenfalls ein Bestandteil von Männlichkeit sein kann. Hier liegt die Hoffnung darin, dass die neue Generation heutiger Väter ihren Söhnen einen besseren Zugang eröffnen möge.
Soweit der Ausschnitt aus meinem Buch Männer verstehen für Dummies. Ich freue mich über deinen Kommentar und wie du die männlichen Gefühle erlebst und verstehst.
Inhaltsverzeichnis des Kapitels »Die männliche Gefühlswelt«
- Gefühlsprägung: Von der Kindheit, Jugend und fehlenden Vorbildern
- Kindheit: Ein Indianer kennt keinen Schmerz
- Jugend: Männlichkeit durch Ablehnung des Weiblichen
- Von nicht vorhandenen Vorbildern und abwesenden Vätern
- Der männliche Umgang mit Gefühlen
- Vom Inneren und Äußeren
- Wo sind denn die Gefühle hin?
- Männer müssen darüber nachdenken, was sie fühlen
- Überforderung: Der weibliche Umgang mit Gefühlen
- Ausgewählte Emotionen
- Angst
- Trauer und Wut
- Scham
- Was Männern wichtig ist
- Bewunderung und Anerkennung
- Respekt: Chapeau, Chapeau!
- Loyalität und Vertrauen
- Kontrolle: Alles im Griff
- Jetzt aber Schluss mit der »Gefühlsduselei«