Affären und Fremdgehen sind leider keine Seltenheit. Doch was passiert mit Menschen, die über einen langen Zeitraum von ihrem Partner betrogen und emotional missbraucht wurden? Was sind die Folge davon und wie kann man nach einer jahrelangen Affäre des Partners Frieden finden?
Ich durfte mit Heike ein Interview führen, in welchem sie uns alle an ihre Erfahrung teilhaben lässt. Einer schmerzhaften Erfahrung, welche sie jedoch überwunden hat. Wie ihr das gelungen ist, erfährst du ebenfalls in diesem Interview zum Thema Affären und Seitensprünge.
Wie habt ihr euch kennengelernt und wie war der Beginn eurer Beziehung?
Wir haben uns im Skiurlaub kennengelernt. Er war mit seiner damaligen Partnerin dort. Wir fuhren zusammen in einer Skigruppe. Wir hatten viele Gespräche. Nach diesem Urlaub hatte er mich besucht und bei mir übernachtet (wir hatten keinen Sex!), was er seiner damaligen Freundin verheimlichte, was ich nicht gut fand! Laut seinen Aussagen ging es ihm nicht mehr gut in dieser Beziehung. Er hatte mit ihr eine mehrmonatige Weltreise geplant.
Die Idee einer Weltreise begeisterte mich. Ich sagte ihm damals, wenn er keine Freundin hätte, würde ich glatt mit auf eine Weltreise gehen. Im Laufe der nächsten 6 Monate trennte er sich von seiner Partnerin und er schrieb mir, wie schlimm das alles wäre.
Wir telefonierten sehr viel und eines Tages kam von ihm eine SMS, dass er mich am liebsten auf der Stelle sehen möchte. Letztendlich kamen wir zusammen und ich ging tatsächlich mit ihm nach einem Jahr auf diese Weltreise.
Wusstest du zu Beginn, dass er bereits in vorherigen Partnerschaften untreu war?
Ja, das wusste ich. Meiner Vorgängerin ging er mehrere Monate fremd. Ich lernte seine Affäre sogar kennen. Mit der Frau vor ihr kam das wohl auch schon mal vor, aber so wie er es erzählte, klang es nicht nach „Fremdgehen“.
Was waren deine Gedanken, dass er sich in einer Beziehung mit dir dahingehend verändern würde?
Ich dachte damals, dass sein Fremdgehen an der Beziehung mit meiner Vorgängerin liegen würde und dies nicht grundsätzlich beim ihm vorkommt.
Ich glaubte auch, dass er dies bei mir nicht machen würde. Allerdings kommt mir ein Satz in Erinnerung, der recht früh in unserer Beziehung von ihm gesagt wurde:
„Ich glaube, wir passen sexuell nicht zusammen.“
Ich habe mich zwar sehr über diesen Satz gewundert, aber offensichtlich hatte ich diesen aus meiner Verliebtheit heraus total verdrängt.
Kannst du dich an den Moment erinnern, als seine erste Affäre aufgeflogen ist?
Ich erinnere mich sehr gut an den Moment, es war während der Weltreise in Australien. Es kam durch einen ganz dummen Zufall ans Tageslicht. Ich telefonierte mit dieser anderen Dame, die auf unserem Handy angerufen hatte und natürlich nichts von mir wusste. Dieser Frau hatte er erzählt, alleine auf Reise zu sein.
Wie hat sich das angefühlt für dich?
Ich war geschockt, konnte es nicht fassen, war entsetzlich verletzt.
Riesengroße Wut stieg in mir auf. Ich wusste im ersten Moment gar nicht, was ich machen sollte. Ich befand mich ja im Outback von Australien, in Deutschland hatte ich keine Wohnung mehr und es lagen noch mehrere Monate der geplanten Weltreise vor uns.
Mein erster Gedanke war, seinen Rucksack aus dem Auto zu schmeißen und einfach wegzufahren. Das habe ich mich (leider) zu dem Zeitpunkt nicht getraut. Ich fühlte mich elend, völlig allein, als wenn mir der Boden unter den Füßen weggezogen wurde. Fragen stiegen in meinen Kopf:
„Wie kann er mir das antun? Was fällt ihm ein, mich so massiv zu belügen?“
Interessant ist im Rückblick, dass sich eines Tages ein Gespräch mit Bekannten (die wir auf der Reise kennengelernt hatten) zum Thema Beziehung ergab (das war bevor seine Affäre aufflog). Die beiden und ich waren uns sehr einig, nur mein Ex hatte eine komplett andere Meinung. Er packte seinen Rucksack und verschwand am nächsten Morgen ohne Worte.
Wenige Tage später tauchte er wieder auf und meinte, dass er mit mir weiterreisen wolle. Irgendwie nahm ich es ihm ab, obwohl ich einige Tage gelitten hatte wie ein Hund. Er tat es damals als „Reisekoller“ ab, in Wirklichkeit wollte er sich mit seiner Affäre in Australien treffen, die aber doch nicht kommen konnte (dies erfuhr ich leider erst viel später!).
Wie ging es nach dem ersten Schock weiter?
Ich holte ihn aus der Bibliothek ab, wo er sich während des Telefonates mit der anderen Frau befand. Ich hatte mir gesagt, dass ein Wutausbruch mich nun nicht weiterbringen würde und entschied mich erstmal gar nichts zu sagen. Ich nahm an, dass er es bereits wusste, dass ich mit ihr gesprochen hatte, aber auch er schwieg zu dem Thema. Erst am nächsten Tag, als wir ein Picknick machten, sprach ich ihn darauf an. Meine Frage war:
„Bist du eigentlich ehrlich zu mir?“
Wie hat er reagiert? Hat er Verantwortung übernommen für sein Verhalten?
Er gab zu, nicht immer ehrlich zu sein und erzählte mir dann von dieser Frau. Er hatte sei bei einer beruflichen Veranstaltung kennengelernt und hatte sich heimlich mit ihr in Hotels getroffen. Für mich machte er nicht den Eindruck, dass ihm bewusst war, wie übel sein Verhalten sowohl mir als auch ihr gegenüber war. Er zeigte sich sehr gelassen, so als wäre eine kleine Schummelei beim Kartenspielen aufgeflogen.
Es kamen auch keine Anzeichen, dass es ihm leidtat.
Für ihn schien das alles irgendwie in Ordnung zu sein. Jahre später erklärte er sogar gegenüber einer Paartherapeutin (die wir auf meinen Wunsch hin in der Trennungsphase aufgesucht hatten), dass es seinerseits Fürsorge gewesen wäre, mich damals trotzdem mit auf die Reise zu nehmen. Er hatte tatsächlich geplant (schon bei Reisebeginn), mich nach wenigen Monaten (3, nannte er als Zahl), alleine weiter reisen zu lassen.
Wie ging es weiter bei euch?
Wir reisten dennoch gemeinsam weiter und haben sehr viel gesprochen. Ich kann mich aber nicht daran erinnern, dass ihm in den folgenden Monaten irgendetwas leidgetan hätte. Die Gespräche gingen hauptsächlich über die Grundvorstellungen zu einer Beziehung.
Ich kann mich nicht mehr genau an seine Worte erinnern, aber was mir in Erinnerung ist, ist, dass bei allem, was er sagte „Distanz“ zu spüren war. Für mich stand lange die Frage im Raum, ob ich mit ihm zusammenbleiben sollte. Das Reisen an sich, passte hervorragend zusammen und irgendwie glaubte ich wohl, dass es schon noch klappen wird, jeder macht ja mal einen Fehler.
Was war die Folge für dich?
Die ganzen folgenden Jahre (das waren immerhin noch mehr als 5 Jahre), blieb ein gewisses Misstrauen vorhanden. Er hatte gesagt, so etwas nie wieder machen zu wollen.
Ich glaubte ihm „irrwitzigerweise“ wieder, obwohl es ein reines Lippenbekenntnis war, wie ich einiges später feststellen musste.
In all der Zeit hatte ich nie wirklich das Gefühl, die Nummer eins für ihn zu sein. Irgendwie war ich eine unter vielen und habe das wohl intuitiv gespürt. Er meinte damals, dass ich ihm beweisen solle, dass ich besser wäre als sie und darauf bin ich wohl reingefallen. Er meinte, dass er erstmal wieder Vertrauen zu mir aufbauen müsse. Wie verdreht das alles war, konnte ich erst Jahre später erfassen.
Was hat dich dazu bewogen, ihm zu verzeihen?
Wir passten „eigentlich“ sehr gut zusammen. Wir hatten gleiche Hobbys, waren beide sehr weltoffen, hatten gerne Leute um uns, waren unternehmungslustig und nach außen schien alles perfekt. Es kamen von ihm Aktionen, die mich überraschten und mir kurzzeitig das Gefühl gaben, doch etwas Besonderes für ihn zu sein.
So glaubte ich auch, dass mir diese „erste“ Affäre (er beschrieb sie als Sexbombe – ich nenne sie gerne seine Sexdame und gebe ihr den Namen Joline), die er ja fast nur in Hotels zum Sex getroffen hatte, nicht wirklich gefährlich werden kann und mir diesen Mann abspenstig machen könnte. Sie hatte sich, so viel ich weiß, auch komplett von ihm zurückgezogen und war keine Konkurrenz für mich, das nahm ich zumindest an.
Ich muss selbst gerade etwas schmunzeln, wie sich das anhört. Aber damals war es so!
Ich glaubte wohl auch, dass er schon erkennen wird, dass er eine tolle Frau an seiner Seite hatte und die ihm viel mehr zu bieten hatte, als eine Frau, mit der er nur ein paar Abenteuer hatte. Es lag völlig außerhalb meiner Vorstellungskraft, dass jemand wiederholt skrupellos lügen und Liebe vortäuschen kann.
Hatte er anschließend noch weitere Seitensprünge?
Ja, das hatte er, aber dies erfuhr ich erst alles nach der Trennung. Ein Freund von ihm sagte mir nach der Trennung:
„Er hat immer beteuert, dass er dich liebt, auch wenn er mit anderen Frauen geschlafen hat!“
Wenn ich darüber nachdenke, dann wird mir ehrlich gesagt kotzübel, wie er auch seine Freunde manipuliert, um als „gut“ dazustehen!
Hattest du Kontakt zu den Affären-Partnerinnen?
Mit der ersten Affäre hatte ich nur telefonisch Kontakt. Eine weitere seiner Affären war sogar bei uns und wurde mir als eine Freundin vorgestellt. Dass sie eine Affäre war, erzählte sie mir erst nach der Trennung. Ich bekam den Hinweis aus seinem Bekanntenkreis, dass ich doch wisse, wer diese Frau sei und so fragte ich dann doch konkreter nach.
Die anderen Damen lernte ich nicht kennen. Meine Nachfolgerin war auch eine Affäre von ihm, da er sie schon vor der Trennung (wie mich, haha …) kennengelernt hatte. Anfänglich stritt er es ab! Ich hatte versucht, mit dieser Frau Kontakt aufzunehmen, aber sie hatte mir nie geantwortet.
Was war der größte Schmerz für dich?
Das mehrfache Belügen, Hintergehen und der massive Vertrauensmissbrauch. Auch, dass Freunde von ihm sein Spielchen deckten und mir nichts gesagt hatten. Ich erfuhr vieles ja erst nach der Trennung, nach dem doch so der ein oder andere „auspackte“.
Ich fand es unbegreiflich, dass sich mein Ex nie Gedanken gemacht hat, was er mir damit antat.
Sein Verhalten hat er verharmlost, sodass selbst seine Freunde es komplett herunterspielen und nichts Verwerfliches daran finden. Das Fremdgehen wäre ja nur der Reiz des Verbotenen gewesen. Andere glaubten sogar, wir hätten eine offene Beziehung geführt! Das war mir jedoch nicht bekannt!
Es tat unglaublich weh, dass ihm meine Gefühle komplett egal waren.
Er hat sich nach der Trennung noch darüber lustig gemacht, dass es mir so schlecht ging.
Ich muss an dieser Stelle noch erwähnen, dass er, bevor seine erste Affäre Joline aufflog, unsere gemeinsame Reise für 2 Wochen unterbrach. Sein Vater war gestorben und er flog zur Beerdigung nach Hause. Er wollte auf keinen Fall, dass ich mitkam und hatte mich überredet eben nicht mitzufliegen. Erst als ich dann von seiner Affäre Joline erfuhr, war mir klar, dass ich nur gestört hätte, denn der Heimflug war eine gute Gelegenheit für ihn Joline zu treffen.
Dafür eine Beerdigung zu missbrauchen, machte mich fassungslos. Aber damit war noch nicht genug.
Du wurdest hintergangen? Hole dir hier das hochwertige kostenlose eBook »Fremdgehen verzeihen« von Prof. Dr. Ludwig Schindler und Dr. Judith Gastner.
Was meinst du damit?
Erst Monate nach der Trennung erfuhr ich, dass er seiner Familie damals erzählt hatte, ich wäre nicht mit zur Beerdigung gekommen, weil ich während der Reise einen Lover gehabt hätte und wohl eine sehr merkwürdige Frau zu sein schien. Als mir das erzählt wurde, da blieb mir alles im Hals stecken. Gemeinsamen Bekannten erzählte er nach der Trennung, dass er sich selbst ärgern würde, sich damals nicht für Joline entschieden zu haben.
Nach insgesamt 8 gemeinsamen Jahren, war diese Aussage obendrein ein Schlag ins Gesicht.
Es war eine demütigende Erniedrigung, die ich kaum in Worte fassen kann.
Eine weitere Aussage hat sich auch regelrecht in mein Gehirn eingebrannt:
„Wir wären mit unterschiedlichen Vorstellungen ins Rennen gegangen.“
Wie muss man ticken, eine Beziehung als Rennen zu bezeichnen? Schmerzlich war die Erkenntnis, Jahre meines Lebens an diesen Mann verschenkt zu haben, der mich letztendlich wie ein dreckiges Handtuch entsorgte. Er knallte mir vor die Füße, ob ich Angst vor Veränderung hätte, während er sich schon vor der Trennung in das gemachte Nest der nächsten Dame (Madame Next) einnistete, was für mich von Dreistigkeit und Skrupellosigkeit nicht zu übertreffen war (obwohl es aufgrund seiner Geschichte zu erwarten war und mich im Nachhinein auch nicht wunderte.)
Diese ganzen Entwertungen meiner Person und ich hätte nur davon profitiert, mit ihm zusammen zu sein, dafür fehlen mir einfach die passenden Worte, was damit in mir passierte. Die Erkenntnis, mit einem Mann mein Leben geteilt zu haben, den es nicht gibt, hinter dessen Fassade ein ganz übler Zeitgenosse steckt, hatte mir das Herz gebrochen!
Auch Auswirkungen des Verschweigens der Madame Next, selbst gegenüber der Paartherapeutin, ist nicht zu beschreiben. Wie konnte sich dieser Mann einbilden, mich für so absolut blöd zu halten, seinen Lügen nicht auf die Schliche zu kommen?
Ich hatte Alpträume, schlaflose Nächte und musste in einer fremden Umgebung (wir waren gemeinsam umgezogen), meinen ganzen seelischen und emotionalen Schmerz verarbeiten und mir einen neuen Freundeskreis aufbauen.
Keine einzige Sekunde meiner Trauer war dieser Mensch wert. Das weiß ich heute, bringt mir aber nicht die verlorene Zeit zurück. Meine Liebesfähigkeit und mein Urvertrauen hat darunter sehr gelitten! Mir einzugestehen und es wirklich zu begreifen, dass ich Opfer eines emotionalen, beziehungsweise narzisstischen Missbrauchs war, war eine riesengroße Herausforderung in meinem Leben, die ich zu meistern hatte. Letztendlich hatte ich ein Trauma, aus dem ich ganz alleine wieder herausfinden musste.
Gab es auch körperliche Gewalt in eurer Beziehung?
Ja, es kam neben all dem noch eine körperliche Gewalt nach der Trennung hinzu, die mein Ex bis heute leugnet und mir in die Schuhe schieben wollte. Es hat extrem geschmerzt, dass ich diese Gewalt nicht beweisen und ihn nicht zur Rechenschaft ziehen konnte. Was mich heute immer noch bewegt und berührt ist, dass es für emotionale Gewalt und Missbrauch keine rechtliche Handhabe gibt.
Und dass ich von der Polizei nur belächelt und wieder weg geschickt wurde, als ich um Fingerabdrücke bat, um seine körperliche Gewalt zur Anzeige zu bringen.
Diese Hilflosigkeit war unerträglich.
Es tut mir für alle Menschen leid, die so etwas erleben müssen und zusehen müssen, wie so jemand unbescholten davon kommt, während sie selbst ihr seelisches Wrack wieder flicken und reparieren müssen.
Glaubst du, dass andere Menschen verstehen können, wie es dir ging?
Schmerzlich dabei finde ich auch, dass sich Außenstehende überhaupt kein Bild davon machen können, wie man darunter leidet und ich sage mal lapidare Ratschläge wie „Nun muss es doch mal gut sein!“ von sich geben.
Mein Drama fing mit „fremdgehen“ an und endete in einem Missbrauch.
Das Thema „Fremdgehen“ ist tatsächlich wohl ein Thema, mit dem sich am liebsten keiner beschäftigen möchte, bis es einen selbst erwischt und man mit langjährigen Folgen zu kämpfen hat. Denn oft, so würde ich behaupten, ist Fremdgehen auch nur möglich, weil sich Eingeweihte, Vertraute und Außenstehende nicht einmischen wollen, weil sie meinen, es ginge sie nichts an. Oder sie sind selbst die Affäre, die glaubt den Glücksgriff ihres Lebens gemacht zu haben, und damit diesen Betrug auch noch unterstützen.
So ist zumindest meine Erfahrung und das finde ich schrecklich! Da benutze ich mal die Worte meines Ex, für den ich moralisch verwerflich gewesen sein soll.
Für mich sind Fremdgänger und deren Unterstützer und schweigende Mitwisser moralisch verwerflich!
Ich wurde mal als wahrnehmungsgestört und nicht zurechnungsfähig betitelt. Anfangs hat es mich extrem wütend gemacht und Aggressionen in mir hervorgerufen, die ich von mir vorher überhaupt nicht kannte. Heute motiviert es mich, mich für mehr Verständnis und Aufklärung einzusetzen.
Hattest du an dir gezweifelt, dass es auch an dir liegt?
Nein, nicht wirklich, obwohl mir mein Ex dies einreden wollte. Er sagte mal zu mir, dass er zwar eine langfristige Beziehung wünsche, aber es mit mir nicht gehen würde. Er wollte mich dazu bringen, dass ich glauben solle, alles hätte nur an mir gelegen, aber das ist ihm nicht gelungen.
Er schrieb mir mal:
„Ich wäre dir immer fremd gegangen, damit mir andere Frauen zeigen, dass ich wertvoll bin!“ Meine Wertschätzung hatte ihm nie gereicht. Das lag aber nicht an mir, sondern ganz allein an ihm.
Wie ist es dir gelungen, die Verantwortung für seine Affäre bei ihm zu lassen?
Weil ich mich nach der Trennung viel mit dem ganzen Thema auseinandergesetzt habe. Meine Vorgängerin hatte die gleichen Probleme wie ich, so lag es für mich sehr nahe, dass es eben nicht an mir lag. Dieser Mann hat eine regelrechte Sucht nach Anerkennung (z.B. durch Sex), die nichts mit mir zu tun hat.
Warum und wie ging es dann zu Ende?
Es häuften sich Verhaltensweisen, die sehr egoistisch geprägt waren und im Laufe der Jahre immer respektloser wurden. Wenige Monate vor der Trennung war wieder eine Frau im Spiel, die ich auch kennenlernte. Sie war dabei, als wir zusammen ausgingen. Den ganzen Abend flirtete er vor meinen Augen mit ihr.
Ich fragte mich, wer eigentlich die Partnerin von ihm ist und bin gegangen. Zu dieser Situation sagte er am nächsten Tag:
„Wenn ich meinen Spaß haben will, dann habe ich keinen Bock, mich um dich zu kümmern. Außerdem wären ja noch andere da gewesen, mit denen ich mich hätte unterhalten können.“
Ich blieb wieder weitere 3 Monate mit ihm zusammen (wie ich das emotional überstanden habe, kann ich gar nicht mehr sagen). Als er dann alleine in den Urlaub flog, war es höchste Zeit für mich, dass sich etwas ändert. Bei seiner Rückkehr war für mich überhaupt nicht zu erkennen, was er eigentlich noch von mir will. Ich bat seinen Cousin um Hilfe und gab ihm etwas von meinem Ex zu lesen.
Sein Cousin sagte mir damals „Da steht nur … leck mich am Arsch!“ So hatte ich die letzten Auseinandersetzungen auch gewertet und war nun endlich in der Lage, diese Beziehung zu verlassen!
Was hast du aus der Erfahrung gelernt?
Ich habe aus dem Bekanntenkreis das Stichwort Narzissmus bekommen und mich damit sehr intensiv auseinandergesetzt. Ich musste lernen mir selber zu verzeihen, dass ich nicht viel früher die Notbremse gezogen hatte und warum nicht.
Auch wenn ich offiziell keine Diagnose stellen darf, mein Ex ist ein Narzisst (welches sich nach der Beziehung klar herausgestellt hat), mit dem ich nichts mehr zu tun haben möchte.
Ich habe für mich gelernt, besser auf mich aufzupassen, mehr auf meinem Bauchgefühl zu vertrauen und mein Leben auf meine Bedürfnisse auszurichten, die ich von einem Mann vollkommen losgelöst sehe.
Es war schwierig, mein zerstörtes Selbstwertgefühl wieder aufzubauen, was mir aber gelungen ist. Ich habe gelernt, mein Leben auch ohne Partner zu genießen. Ich bin sehr vorsichtig geworden, wieder einen Mann so nah in mein Leben zu lassen.
Wie hast du es geschafft, Frieden damit zu finden?
Frieden fand ich durch die Reflexion dieser Beziehung und mit psychologischer Hilfe und durch Coaching. Auch der Austausch mit anderen Betroffenen war sehr wertvoll für mich. Ich habe mein Umfeld verändert und Menschen aus meinem Leben verbannt, die mir nicht glaubten oder mir nicht guttaten.
Einige waren ja schon von heute auf morgen aufgrund falscher, unhinterfragter Falschinformationen aus meinem Leben verschwunden, die mich für verrückt hielten und so die gewollte soziale Isolation vorantrieben. Es fiel mir nicht leicht, Menschen zu verabschieden, aber es gab keinen anderen Weg.
Menschen, die glauben einen ehrlichen, aufrichtigen, hilfsbereiten Freund in ihm zu sehen, die passen einfach nicht in mein Leben. Es beißt sich wie Katz und Maus.
Nun habe ich Menschen in meinem Leben, die mich wertschätzen und die sich über meine positive Lebensenergie freuen.
Frieden habe ich in mir, weil ich mir meine Gutgläubigkeit verziehen habe, weil ich meine Verzeihensfähigkeit als Stärke schätzen gelernt habe, aber auch erkennen musste, dass diese Fähigkeit zu meinem Nachteil missbraucht werden kann. Frieden für mich selbst ist auch dadurch möglich, dass ich weiß, zu jedem Zeitpunkt mein Bestes gegeben zu haben und ich in jeder Situation nur so handeln konnte, wie es mir damals möglich war.
Hast du deinem Ex-Partner verziehen?
Meinem Ex habe ich nicht verziehen und ist auch nicht notwendig.
Vergessen werde ich es nie, aber es schmerzt nicht mehr. Wichtig war für mich der Rat „Nimm es nicht persönlich!“ was dir widerfahren ist. Dieser Schritt war in keiner Weise leicht, aber letztendlich sehr hilfreich!
Menschen, die wiederholt lügen, betrügen und immer wieder fremdgehen, haben ein Problem, das zu ihnen gehört (auch wenn sie selbst es nicht erkennen können oder wollen und alles in ihrer Macht Stehende tun, ja sogar kriminelles Verhalten an den Tag legen, um der Wahrheit nicht ins Gesicht zu schauen), und in keiner Weise mit mir zu tun hat.
Ich bin gut und liebenswert so wie ich bin!
Selbstliebe hat mir auch viel Frieden gebracht und ist heute ein fester Bestandteil meines alltäglichen Lebens. Die Aufarbeitung meiner Glaubenssätze und die Arbeit mit dem Unterbewusstsein, haben sehr geholfen, toxische Beziehungsmuster zu erkennen, auf die ich hereingefallen war.
Es musste mir egal werden, wer mir glaubt oder nicht, dazu musste ich viel Resilienz aufbauen, die ich anscheinend zuvor zu wenig hatte. Es war gut für mich, zu erfahren, dass andere Menschen gleiche Erfahrungen machten und ich nicht alleine mit meinem Problem auf der Welt war, was ich anfangs so empfand. Es waren Erfahrungsberichte dabei von Personen, die ich zwar nicht persönlich kenne, aber durch Sozialmedia fand ich zumindest Gleichgesinnte.
Möchtest du uns zum Abschluss noch etwas sagen?
Das Gemeine und Tragische beim Fremdgehen und Betrügen ist für mich (bei mir ging es ja nicht um einen einmaligen Seitensprung), dass man als Betrogene leider als allerletzte, sogar erst Jahre später, davon erfährt. Dadurch, dass Mitwisser auch geschwiegen hatten, traf ich letztendlich damals eine völlig falsche Entscheidung und ging mit diesem Mann auf eine Weltreise, für die ich meine Wohnung gekündigt und mein Arbeitsverhältnis auf Eis gelegt hatte.
Ich wurde meiner eigenen Urteilsfähigkeit beraubt. Diese Mitwisser haben mich ins offene Messer rennen lassen. Ich weiß nicht, wie sie das mit ihrem Gewissen vereinbaren konnten. Mir wurde eine Entscheidung abgenommen, die jedoch meine hätte sein müssen. Ich bin mir sicher, wenn ich früher informiert worden wäre, hätte ich diesen Missbrauch nicht erleben müssen. Dass ich damals nach dem Auffliegen der Affäre Joline doch geblieben bin, bereue ich, kann ich aber nicht rückgängig machen, weil zu dem Zeitpunkt für mich noch vieles verborgen war.
Ich war einfach zu gutmütig, gutgläubig, geduldig und optimistisch eingestellt, was bei diesem Menschen leider völlig fehl am Platz war.
So wünsche ich mir, dass sich mehr Menschen Gedanken darüber machen, wenn sie in das Geheimnis eines Fremdgehers eingeweiht werden, was das für Konsequenzen für den Betrogenen hat. Es lohnt sich mal zu hinterfragen, warum jemand fremdgeht und welche Rechtfertigungen er präsentiert. Für mich ist es Zivilcourage und Empathiefähigkeit, wenn man den Betrogenen wenigstens mal vorsichtig darauf anspricht, ihn informiert oder warnt! Leider passiert das viel zu wenig und als EX steht man da eh auf verlorenem Posten, die Next zu warnen. Dafür hat der Betrüger schon vorgesorgt!
Solange ein Lügner und Fremdgeher jedoch Unterstützung erhält, wird er / sie das Verhalten nicht ändern und immer wieder andere Menschen verletzen.
Dem Opfer mehr Glauben zu schenken, wäre in meinen Augen auch sehr wichtig.
Mir wurde nicht geglaubt (wie fast allen Opfern leider auch nicht!) und ich wurde sogar beschimpft und beleidigt! Das rührt wohl daher, dass sich zu wenige Menschen mit diesem Thema befassen (wollen) und psychologische Hintergründe nicht kennen und daher geblendet sind.
Hast du für mögliche Betroffene dazu einen Rat?
Beim nächsten Partner genau hinhören! Ist er/sie schon mal oder sogar mehrmals fremdgegangen und wie erklärt er/sie es? Dann ist Vorsicht geboten!
Notorische Fremdgänger und Lügner ändern sich nicht, nur weil sie einen neuen Partner haben.
Es wiederholt sich alles nur und ist auch nur eine Frage der Zeit. Die Wahrscheinlichkeit von der Traumfrau / Traummann zur Hexe zu mutieren ist hoch. Denn die wenigsten Betrüger und Fremdgeher können damit leben, wenn der Betrug auffliegt! Geschweige denn, dass sie ihr Verhalten reflektieren und nachhaltig ändern. Dazu braucht es viel innere Stärke und Mut, die solche Menschen leider nicht besitzen, sonst würden sie auch nicht lügen!
Sie gehen von einer in die andere Beziehung und wundern sich nicht mal selbst, warum es wieder nicht funktioniert. Meine Nachfolgerin (die anfangs so viel Herz hatte, was ich angeblich nicht hatte und dann plötzlich ganz kalt sein sollte, wie mir erzählt wurde) ist, so wie ich, auch durch eine neue Frau ersetzt worden und seine Neue weiß leider noch nichts von ihrem Glück.
Sei nicht der oder die Nächste und pass gut auf dich auf! Frage auch durchaus mal enge Freunde von dir, was sie von der oder dem Zukünftigen halten, die merken oft viel schneller, wenn da etwas nicht stimmt. Durch die rosarote Brille sieht es eben anders aus und ein böses Erwachen wünscht sich wohl niemand.
Mich hat diese Beziehung kostbare Jahre meines Lebens abverlangt, aber das Positive daran ist, dass ich wieder ich selbst bin, zurück bei mir und mein Leben auf ein neues, erfreuliches Level gehoben habe.
Und ich bin sehr dankbar für all die Menschen, die mich in dieser Krise begleitet haben, die mich nicht aufgaben, auch wenn ich zum tausendsten Mal geheult und geklagt hatte, bis dieser Mensch und die gemeinsam mit ihm erworbenen Immobilien mit anwaltlicher Hilfe wieder aus meinem Leben entfernt waren. Kinder hatte ich mit ihm ja Gott sei Dank nicht!
Es gibt ein Licht am Ende des Tunnels, egal wie lang er ist!
Wenn dir jemand mehrmals fremdgeht, dann hat das in den seltensten Fällen etwas mit dir selbst zu tun! Davon bin ich zumindest überzeugt. Diese Menschen belügen und verarschen sich letztendlich selbst, vielleicht sogar ihr ganzes Leben lang. Ich bin heilfroh, dass dieser Mensch weg ist, was mir meine Freunde immer gewünscht haben, dass ich zu dieser Erkenntnis gelange.
Es mag einen Grund geben, einem Fremdgänger zu verzeihen und es mag auch sein, dass es Beziehungen gibt, die wieder funktionieren, aber ich persönlich wäre da sehr, sehr vorsichtig. Jeder muss eben für sich selbst abwägen und einschätzen, ob er oder sie diesen steinigen Weg mit dieser Person gehen möchte oder nicht.
Wenn das Vertrauen missbraucht wurde, man durch die Hölle des Schmerzes gegangen ist, ist das verdammt schwierig und meiner Ansicht nach höchst fraglich, ob man diesen Preis bereit sein sollte zu bezahlen. Ich wäre es nicht mehr! Ich habe sehr bitter bezahlt und möchte es kein zweites Mal.
Nur wenn der Fremdgeher die eigene Einsicht hat, dass etwas schiefläuft, gibt es vielleicht eine Aussicht auf Erfolg, alles andere ist vergebene Liebesmüh, verschwendete Zeit und zum Fenster raus geworfenes Geld.
Diese Energie ist besser bei einem selbst investiert! Bei einem einmaligen Seitensprung verhält es sich vielleicht anders, obwohl ich viele kenne, die nicht einmal das verzeihen würden, aber jahrelanges Belügen und wiederholtes Fremdgehen ist in meinen Augen krank und so jemand will ich nicht in meinem Leben haben! Nie wieder! Und ich kann nur hoffen, dass Aufklärung dazu beiträgt, dass Menschen, die Zeuge oder Mitwisser eines Betruges werden, den Mund frühzeitig aufmachen und dem Opfer (egal wie nahe sie mit ihr oder ihm in Kontakt sind) dadurch die Chance geben, selbst zu entscheiden und im schlimmsten Fall Missbrauch verhindern können.
Ich wünsche allen Betroffenen viel Kraft und alles Gute, ein derartig schmerzhaftes Erlebnis zu überwinden und wieder Vertrauen, Liebe und eine wertschätzende (Paar-)Beziehung zu anderen Menschen aufbauen zu können!
So stieß ich irgendwann auch auf dich, Wieland, und interessierte mich für deine Newsletter und Themen, die du als Beziehungspsychologe öffentlich ansprichst und dadurch zum Nachdenken animierst! Das ist so wertvoll! Danke dafür!!!